Natur erleben
Die Ruhe eines Schiffes, das mehrere hundert Tonnen wiegt und nur durch die sanfte Kraft des Windes angetrieben wird. Es klackert im Gebälk, es pfeift und summt in Leinen und Drahtseilen (daher die Bezeichnung Windjammer). Der Bug schneidet mal zischend, mal klatschend, mal rauschend durchs Wasser. Riesige Segel an massiven Balken knarren, die Leinen zur Bedienung ächzen, irgendwo rutscht irgendwas von links nach rechts. Es herrscht eine besondere Ruhe auf einem Windjammer.
Abendstimmung in der dänischen Südsee
Nirgendwo sonst wird Natur so vielfältig, unberührt und ursprünglich erfahren - außer in den Bergen, aber der Hessische Lloyd spricht jene an, die die See lieben. Das Erlebnis einer Windjammerreise ist einzigartig. Die Königsklasse wahrer Seefahrt. Der Blick übers weite Meer, mal hinüber zu andern Schiffen, mal auf eine idyllische Landschaft in der dänischen Inselwelt, auf die Kreidefelsen von Mön, auf das sich am Horizont langsam vergrößernde Bornholm – aber auch der Blick auf die hohe See, auf der nichts ist als das eigene Schiff, gut ausgerüstet und sicher geführt von Leuten, die wissen, was sie tun.
Die Nacht senkt sich übers Schiff. Das Abendessen wird wohlig verdaut. In einer windabgewandten Ecke an Deck raucht der eine oder die andere. Wer Freiwache hat, trinkt ein Glas Rotwein. Positionslaternen sind angeschaltet, es wird dunkel. Dunkler als Landbewohner es sich vorstellen können. Auf hoher See ist die Nacht noch Nacht. Der Himmel reflektiert kein Irrlicht entfernter Städte. Es sei denn, wir sind im Sommer im Norden unterwegs. Verblüffend, dass schon ein paar hundert Kilometer Abstand zu Hessen genügen, um das Nordlicht wahrzunehmen: Es wird sehr spät dunkel und schon ganz früh wird es wieder hell. Die Dämmerungen dauern schier endlos, über Meer und Schiff senkt sich Zwielicht.
Video: Eindrücke einer früheren Reise
Gesprochen wird bei Nachtwachen kaum – unter Deck wird geschlafen, die Wache schleicht über Deck, tauscht nur die nötigsten Worte. Hin und wieder kocht jemand Tee, holt Kaffee. In einer Ecke schlummert ein Mitglied der Wache, vorn steht ein Ausguck, eine steuert und jemand trägt die Verantwortung. Versonnen schweift der Blick in die Segel, nimmt das Ohr rhythmisches Platschen des Rumpfes im Wasser wahr. Eine Frau bestimmt die Position, was sie erst am Tag zuvor gelernt hat. Ein älterer Herr versucht aus beobachteten Lichtern herauszufinden, was da querab schwimmen mag. Es ist kalt des Nachts auf See, auch mitten im Hochsommer. Hin und wieder quakt leise ein zerhackter Anruf aus Funkkanal 16 – solange der eigene Schiffsname nicht vermutet wird und es kein Notruf ist, ist das egal. Wenn es schweres Wetter gibt, kommt eine heiße Suppe aus der Kombüse. Romantiker und –innen schlafen bei gutem Wetter gern mal an Deck. Die Segel, der Sternenhimmel, das Meeresrauschen sind herrlich für Menschen, die sich ein sicheres und trockenes Plätzchen ausgepolstert haben. Wer mit dem Gedanken an Kojenflucht spielt, sollte einen Schlafsack mitnehmen.
Der Schlaf der Gerechten